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Bei der Jahreslosung handelt es sich um einen Rat des Apostels Paulus an eine junge christliche Gemeinde, in der vieles Neu und auch in Bewegung war. Die Christinnen und Christen in dieser Gemeinde mussten noch viel lernen, was es bedeutet, als Gemeinde zu leben. Sie mussten viele Entscheidungen treffen in Bezug auf das Gute und das Richtige in ihrem neuen Leben als Nachfolgerinnen und Nachfolger von Jesus Christus.

Mit seinem Rat ermunterte der Apostel Paulus sie zu einem eigenverantwortlichen Leben als individuelle Christen und als Gemeinde in der Freiheit des Glaubens. Er gab ihnen keine Liste mit Geboten und Verboten. Er sagte ihnen nicht, wie sie zu leben haben. Sondern er traute ihnen zu, dass sie selbst in der Lage sind, darüber zu entscheiden, was für sie gut oder nicht gut ist. Und er forderte sie auf, sich für das Gute zu entscheiden und es auch zu tun.

Paulus gab den Christinnen und Christen in Thessaloniki damit viel Freiheit. Er gab ihnen aber auch einen Maßstab, mit dem sie prüfen konnten, was für sie das Gute ist. Dieser Maßstab heißt Jesus Christus, seine Person und seine Botschaft. Sein Vorbild und seine Botschaft der Nächstenliebe, der Versöhnung und der Friedfertigkeit sollten die Christinnen und Christen damals bei ihren Entscheidungen leiten.

Was sagt uns dieses paulinische Wort heute? Was sagt es dir heute Abend an der Schwelle zu einem neuen Jahr?

Leben heißt Entscheidungen treffen. Auch im neuen Jahr werden wir viele Entscheidungen treffen. Laut Studien treffen wir täglich durchschnittlich mehr als 20.000 Entscheidungen. Die meisten unbewusst und überlegt. Wir treffen aber auch große Entscheidungen. Einige davon mit großer Reichweite für mich, meine Mitmenschen und diese Welt.

Die Jahreslosung 2025 ermuntert uns dazu, bei den Entscheidungen, die zu treffen sind – vor allem bei denen, die große Folgen haben – prüfend zu fragen: Was ist das Richtige, was dient zum Guten? Was macht mein Leben und das Leben meiner Mitmenschen schön und gut?

Ich sehe die Jahreslosung vor allem positiv als eine Aufforderung, nach dem Guten zu suchen, es zu entdecken und zu verwirklichen. Es gibt so viel Gutes in den Menschen, in dieser Welt, in meinem Leben. Neugierig, aufgeschlossen und bereit für Unbekanntes und Neues kann ich das Gute entdecken.

In Zeiten, in denen das Gespräch zwischen Menschen unterschiedlicher Meinungen oft schwierig oder sogar unmöglich ist, verstehe ich die Jahreslosung auch als Ermutigung, Anderen und ihren Argumenten so weit wie möglich offenherzig zu begegnen, und sich anzuhören, was sie zu sagen haben. Ich muss nicht alles für gut halten und auch nicht es zu eigen machen, was die anderen denken und sagen. Aber vielleicht entdecke in meinem Gesprächspartner und in seiner Sicht der Dinge was Gutes, was ich für mich und mein Leben behalten kann.

Um das Gute zu entdecken, haben wir unseren Verstand und die Vernunft. Wir haben auch viele Möglichkeiten, uns zu bilden und zu informieren. Und nicht zuletzt haben wir den Schatz aus unserem Glauben an Jesus Christus. Aus diesem Glauben können wir Orientierung für unsere Entscheidungen schöpfen.

An Jesus Christus zu glauben, bedeutet auch, um seine Hilfe zu bitten, wenn es darum geht, das Gute zu erkennen. Als Paulus die Menschen damals ermuntert hat, sie sollen “Alles prüfen” und das “Gute behalten”, wusste er, dass sie dafür Kraft brauchen, die nicht nur aus ihnen selbst, sondern vor allem aus der Beziehung zu Jesus Christus kommt. In seinem Brief an sie schrieb er auch: “Betet ohne Unterlass”. Mit anderen Worten: Bezieht Jesus in euren Entscheidungen ein. Bittet um seine Hilfe, seine Orientierung, seine Weisung. Für Paulus ist so eine lebendige Beziehung im Glauben die Voraussetzung dafür, das Gute zu erkennen und auch zu behalten.

Aber vielleicht fragt sich der eine und der andere: Was ist überhaupt das Gute, was ich behalten soll? Ja, in der Tat: es gibt Entscheidungen, bei denen es einfacher ist, das Richtige und das Gute zu erkennen. Bei anderen Entscheidungen kommen wir aber schnell an unsere Grenzen. Denn unsere Welt ist kompliziert und die Angebote an Antworten und Lösungen sind unterschiedlich und zum Teil widersprüchlich. Es gibt für viele Fragen keine einfachen Antworten. Vorsichtig sollten wir mit Menschensein sein, die einfachen Antworten geben.

Gott spart uns nicht die Arbeit, nach dem Guten zu fragen. Auch er gibt uns keine fertigte Antworten. Was er uns gibt, ist seinen Geist, der uns dazu hilft, mit Herz und Verstand das Gute zu erkennen. Und er gibt uns sein Wort in der Bibel, das uns Weisungen für unser Leben gibt.

Wenn wir nach dem Guten fragen, dann lasst uns auf Weihnachten schauen. Was das Gute ist, hat Gott selbst gezeigt, indem er in Jesus Mensch geworden ist.

In seiner Menschlichkeit, in seiner Güte und Barmherzigkeit erkennen wir das Gute, das wir uns zu eigen machen können. Mit einem sehr bekannten Spruch anders gesagt: “Mach es wie Gott: Werde ein Mensch.”

Mit Gott im Glauben verbunden und seinem Vorbild der Menschlichkeit folgend haben wir gute Chancen, im neuen Jahr das Gute zu erkennen und zu behalten.  Wir werden bestimmt nicht immer die richtigen Entscheidungen treffen. Es ist aber tröstlich und ermutigend zu wissen, dass Gott an meiner Seite bleibt, auch wenn ich das Gute nicht erkenne und die falsche Entscheidung treffe. Mit diesem Vertrauen auf ihn, auf seine Hilfe und seine Vergebung, kann ich ins neue Jahr mit der Gewissheit starten: Es gibt viel Gutes zu entdecken und zu tun. Amen.

Predigt am 31.12.2024 in der Simeonkirche

Pfarrer Dr. João C. Schmidt